Weibliche Auszubildende in technischen Berufen(?) !

„Familienprägungen können schon sehr stark sein“, sagt Claudia Mann, heute Mechatronik-Ausbilderin beim ILW Mainz. Ihr Vater war Diplomingenieur für Elektrotechnik und hat schon früh ihr Interesse für Elektronik geweckt. Mit ihrem ebenfalls technikbegeisterten Bruder konkurrierte sie zu Hause um alles, was mit Strom zu tun hatte und zu reparieren war. Als sich Claudia Mann nach einem Lehramtsstudium der Mathematik und Physik beruflich neu ausrichten musste, fiel ihre Wahl auf den Beruf der Mechatronikerin. Den erlernte sie bei BERICAP GmbH & Co. KG, Hersteller von Kunststoffschraubverschlüssen in Budenheim und Mitglied des ILW Mainz. Im Anschluss arbeitete sie dort zwei Jahre als Facharbeiterin und richtete Produktionsanlagen/Montagemaschinen ein.

Von links: Soukaine Lezgham (Elektronikerin für Automatisierungstechnik), Miriam Ielapi (Industriemechanikerin), Marleen Schlotthauer (Werkzeugmacherin) und Adrienne Violand (Mechatronikerin).
Von links: Soukaine Lezgham (Elektronikerin für Automatisierungstechnik), Miriam Ielapi (Industriemechanikerin), Marleen Schlotthauer (Werkzeugmacherin) und Adrienne Violand (Mechatronikerin).

„Weil ich immer Wissen an junge Menschen weitergeben, gemeinsam mit ihnen lernen und wachsen wollte, habe ich früh signalisiert, dass ich gerne Ausbilderin werden möchte“, erzählt Claudia Mann. Irgendwann wurde sie dann wieder auf das ILW Mainz aufmerksam, das eine Stelle ausgeschrieben hatte, und stieg dort im Juli 2020 ein. Claudia Mann ist heute die einzige Frau unter den 15 Ausbildern des ILW Mainz. Das spiegelt den immer noch sehr niedrigen Frauenanteil bei den technischen Berufen wider. Das statistische Bundesamt hat für 2019 erhoben, dass unter 100 Erwerbstätigen in der Industrie nur 14 Frauen sind. Ihr Anteil an den Erwerbstätigen aller Berufe hingegen beträgt rd. 47 Prozent. Es zeichnet sich sogar ein Negativtrend ab - vor 30 Jahren waren noch 18 von 100 Erwerbstätigen in der Industrie Frauen. 

Von links: Fiona Rohwedder (Elektronikerin für Geräte und Systeme) und Manja Firros (Elektronikerin für Automatisierungstechnik).
Von links: Fiona Rohwedder (Elektronikerin für Geräte und Systeme) und Manja Firros (Elektronikerin für Automatisierungstechnik).

„Frauen gehören in technische Berufe“, davon ist Claudia Mann überzeugt und ergänzt: „Wer Freude an der Technik hat, ist dort auch richtig aufgehoben“. Die größten Hindernisse sieht sie weniger in geschlechtsspezifischen Eigenheiten, die z.B. das Heben schwerer Lasten zur Herausforderung machen könnten. „Es gibt auch untrainierte Männer, und im Übrigen helfen hier die Vorgaben der Berufsgenossenschaft“, sagt sie und fügt hinzu: „Wenn man schon im technischen Bereich ist, sollte man hierfür auch eine intelligente Lösung finden, wenn man nur will.“ 

Die eigentlichen Hürden macht Claudia Mann in den Köpfen der Menschen aus. Familienprägungen sind ein Beispiel dafür: Sie können in einen technischen Beruf führen, aber auch das genaue Gegenteil bewirken. Wer zu Hause von klein auf zu hören bekommt: „Technik ist nichts für Frauen“, wird sich ziemlich wahrscheinlich für einen anderen Beruf entscheiden. Wer dennoch die Technik zum Beruf wählt, muss sich in einer männerdominierten Welt behaupten, das hat Claudia Mann selbst erfahren: von spöttischen Bemerkungen bis hin zur krassen Verweigerung der kollegialen Zusammenarbeit. „Das größere Problem ist, dass das Verständnis in der Männerwelt oft noch nicht angekommen ist, da muss man ansetzen“, sagt sie. Ein erster Schritt ist für Claudia Mann die Wahrnehmung und die Wertschätzung, dass Frauen einen neuen Umgangston, ein eigenes Flair in ein Team einbringen, was sich positiv auf die Gruppendynamik auswirkt. Frauen verrichten die gleiche Arbeit wie ihre männlichen Kollegen, aber ihre Interaktion ist anders und bereichert Teams hin zu mehr Respekt, Empathie und Kreativität. 

Von links: Claudia Mann (Ausbilderin Mechatronik) und Johanna Falk (Mechatronikerin).
Von links: Claudia Mann (Ausbilderin Mechatronik) und Johanna Falk (Mechatronikerin).

Im Fachbereich Elektrotechnik und Mechatronik des ILW Mainz haben im September auch sechs junge Frauen eine Ausbildung begonnen. Sie verbindet eine ganz ähnliche Motivation: Fiona Rohwedder (Elektronikerin für Geräte und Systeme) hat sich schon früh für Elektrotechnik interessiert und möchte vor einem möglichen Studium erst einmal etwas Praktisches machen. Soukaina Lezgham (Elektronikerin für Automatisierungstechnik) hat ihr Studium der Elektrotechnik unterbrochen, um ihr Wissen in der Praxis zu vertiefen, gerade weil sie, wie sie selber sagt, noch nie ein Handwerkzeug in der Hand gehabt hat. Und Manja Firros (Elektronikerin für Automatisierungstechnik) hat schon immer gerne handwerklich gearbeitet, auch mit ihrem Vater, der Werkzeugmachermeister ist. Ihr Fachabitur hat sie in Elektrotechnik absolviert, wobei ihr die Steuerungstechnik besonders gefiel. 

Alle drei sind überzeugt, in einem technischen Beruf (mindestens) genauso gut werden zu können wie ihre männlichen Kollegen. Die Ausbilderin und Ausbilder des ILW Mainz unterstützen sie dabei und kämpfen um jede weitere weibliche Auszubildende.

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