Was es mit der ILW-Adresse „An der Brunnenstube“ auf sich hat

Das Gebäude des ILW Mainz liegt im Stadtteil Mombach „An der Brunnenstube 39“ direkt an einem Naturdenkmal.


„Eine Brunnenstube ist eine Quellfassung, welche in einem unterirdischen Becken Quellwasser sammelt“

Hildegard Kröner, Mitarbeiterin der Verwaltung beim ILW


„An der Brunnenstube“ – so mancher angehende Auszubildende hat sich schon über den ungewöhnlichen Straßennamen gewundert, als er oder sie zum ersten Mal das ILW Mainz aufsuchte. „Eine Brunnenstube ist eine Quellfassung, welche in einem unterirdischen Becken Quellwasser sammelt“, erklärt Hildegard Kröner, Mitarbeiterin der Verwaltung beim ILW. Mit Ihrer Schwäche für Geschichte und Ruinen ist sie dem Ursprung des ungewöhnlichen Straßennamens auf die Spur gekommen:

An das ILW-Gebäude grenzt im Osten ein kleines Waldstück, auf dem sich die Brunnenstube befindet, der die Straße ihren Namen verdankt. Sie sammelt unterirdisch das Wasser einer Sickerquelle. Diese entsteht, indem Regenwasser großflächig durch mehrere Bodenschichten sickert, bis es auf eine wasserundurchlässige Schicht trifft. Auf dieser tritt das Quellwasser - oft an einem Hang - aus zahlreichen Adern aus und wird in einem aus Mauersteinen oder Beton errichteten Becken aufgefangen (siehe Abbildung). Ein Leitungsrohr, das von dem Becken ausgeht, sorgt für den Weitertransport des Wassers, entweder zur Trinkwasserversorgung oder wie im Falle der ILW-Brunnenstube zur Entwässerung in die Kanalisation. Wie bei einem Schwimmbad ist das Becken zudem mit einem Überlauf ausgestattet, der überfließendes Wasser ableitet. Ein eingebautes Ventil ermöglicht es, bei Bedarf händisch Wasser abzulassen. 

Die Kunst dieser Fassung von Quellwasser besteht darin, die unterirdische Quellmündung nur soweit zu ergraben, dass der natürliche gleichmäßige Abfluss des Wassers nicht gestört wird. Denn die Natur hat es so eingerichtet, dass Sickerquellen das ganze Jahr über nahezu die gleiche Wassermenge ausstoßen, obwohl ihre Speisung durch Regen saisonal durchaus unterschiedlich sein kann. Zerstört man dieses Gleichgewicht, ergibt sich ein schwankender Wasserausstoß. Mit Hilfe eines Stollens in den Hang wird eine Grotte gegraben, in die das Becken gesetzt wird. Der Schacht zur Grotte, die unmittelbar an das ILW-Gebäude grenzt, ist mit Beton eingefasst und mit einer Tür gesichert (siehe Foto). 

„Die Brunnenstube war fast völlig in Vergessenheit geraten“, erinnert sich Frau Kröner. Bis vor ca. vier Jahren die Wirtschaftsbetriebe Mainz aufgrund älterer Pläne gezielt danach gesucht und den Eingang wieder freigelegt haben. Frau Kröner hatte auch selbst auf alten Karten und in der Ortschronik von Mombach die Geschichte der Brunnenstube und der Region erforscht. Eine Karte von 1930 weist für das Gebiet eine „Mombacher Plantage“ aus, inmitten eines großen „Exercierplatzes“, also eines Truppenübungsgeländes. Erkennbar ist auch, dass die Gegend zwischen Mainz und Mombach früher ein Sumpfgebiet war, in dem naturgemäß häufig Sickerquellen vorkommen. Ob die ILW-Brunnenstube ursprünglich zur Trinkwassergewinnung, zur Bewässerung der Plantage oder einfach zur Entwässerung errichtet wurde, konnte sie nicht mehr rekonstruieren. 

Schon lange ist das kleine Quellgebiet mit der Brunnenstube ein Naturdenkmal. Das bedeutet, dass der Mensch dort grundsätzlich nicht verändernd eingreifen darf. Die Tierwelt profitiert davon: Die ILW-Mitarbeiter beobachten immer wieder eine ungewöhnliche Artenvielfalt. So wurden schon eine Fuchsfamilie, junge Bussarde oder auch der selten gewordene Grünspecht gesichtet. Dieses kleine Biotop mitten in einem Gewerbegebiet ist einer „feuchten Laune“ der Natur zu verdanken. Und das ILW Mainz sitzt im wahrsten Sinne des Wortes „an der Quelle“ – genauer gesagt: An der Brunnenstube.

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